1. Die Gefahr des Ausruhens auf den Lorbeeren
Frage: Besteht die Gefahr, dass sich traditionsreiche und besonders erfolgreiche Familienunternehmen auf ihren Lorbeeren ausruhen?
Antwort: Ja, diese Gefahr besteht auf jeden Fall. Wenn es den Leuten zu gut geht, neigen sie dazu zu glauben, der Erfolg komme von selbst, aber das ist nicht so. Wir müssen aus meiner Sicht tagtäglich neu für den Erfolg kämpfen.
Wir müssen als Jägerinnen und Jäger tätig sein. Wir brauchen aber auch diejenigen, die es etwas ruhiger angehen lassen. Wir brauchen eine gesunde Mischung. Wir brauchen Männer und Frauen, die Innovationspotenziale generieren und sagen:
„Das ist meine Vision, da will ich hin“, und dann auch mit Innovationskraft und Überzeugung vorangehen.
Es ist wichtig, alle mitzunehmen. Wir brauchen keine patriarchalischen Unternehmer der alten Köpfe und Traditionen im 21. Jahrhundert. Stattdessen benötigen wir Führungskräfte, die sich gegenseitig befruchten und sowohl für Gewinne als auch für den Erhalt und Ausbau von Arbeitsplätzen kämpfen.
Das ist mir als noch selbstständigem Unternehmer eine unglaublich wichtige Sache.
2. Die Illusion der Dauerhaftigkeit des Erfolgs
Frage: Ist es eine Illusion zu denken, dass ein Unternehmen, das seit 50 Jahren erfolgreich ist, auch in den kommenden 50 Jahren erfolgreich bleiben wird?
Antwort: Überhaupt nicht. Die Gefahr besteht, dass Menschen denken, sie könnten es ruhig angehen lassen, weil das Unternehmen seit so langer Zeit erfolgreich ist. Da ist straffe Führung notwendig, aber auch eine gewisse Lockerheit.
„Zuckerbrot und Peitsche“ ist für mich immer noch die beste Führungsmethode.
3. Gründe für das Erlahmen eines Unternehmens
Frage: Was könnten die Gründe sein, dass ein Unternehmen anfängt, in seiner Entwicklung zu stagnieren?
Antwort: Es beruhigt mich, Unternehmerinnen und Unternehmer kennenzulernen, die bereits verstanden haben, worum es geht. Dennoch erlebe ich in Konzernstrukturen, dass die Größe einer Organisation ermüdend wirken kann.
Meine Erfahrung zeigt, dass 20 bis 30 % der Zeit, Energie und Ressourcen auf Networking und „Seilschaften“ verwendet werden. Es gibt wirklich dubiose Geschichten in diesem Bereich. In Deutschland neigen wir immer noch zu starkem Hierarchiedenken, sowohl im Fußball als auch in Unternehmen.
Dieses Hierarchiegebilde kann Prozesse und Dynamiken bremsen. Als Online-Marketer ist es entscheidend, die strategische Ausrichtung zu überprüfen. Es ist erschreckend, wie oft in Organisationen keine einheitliche strategische Ausrichtung vorhanden ist.
Wenn Mitarbeiter gefragt werden, was die Strategie der Organisation ist und wohin es gehen soll, bekommt man entweder keine Antwort oder sehr widersprüchliche Antworten. Das führt oft zu „gepflegtem Chaos“.
4. Äußere Faktoren und digitale Disruption
Frage: Welche äußeren Faktoren erfordern Erneuerungen in Unternehmen?
Antwort: Als Fachmann im Digitalbereich kann ich sagen: Ja, da rollt gewaltig etwas auf uns zu. Auf der einen Seite geht es um Strategie, Organisation und Prozesse, was an sich nichts Neues ist.
Unternehmen mussten sich schon immer reorganisieren. Doch jetzt kommt eine komplett neue Technologie auf uns zu. Informations- und Kommunikationstechnologien ermöglichen ein anderes Zusammenspiel von Daten und erfordern neue Kompetenzen von Unternehmen.
Traditionelle produzierende Unternehmen müssen sich möglicherweise in Tech-Unternehmen verwandeln, was äußerst spannend ist.
Neue Geschäftsmodelle entstehen: Der traditionelle Handel durchläuft verschiedene Phasen, und plötzlich gibt es Direktvertrieb über das Internet, womit sich auch Schrauben produzierende Unternehmen beschäftigen müssen. Das ist faszinierend.
Über allem steht jedoch der Aspekt der Unternehmenskultur. Wenn ich die Digitalisierung erfolgreich auf meine Unternehmenskultur und Führungskultur übertragen kann und meine Mitarbeiter mitnehme, kann das Ganze sehr erfolgreich werden.
5. Historische Unternehmen und digitale Disruption
Frage: Wie geht man mit Unternehmen um, die seit Jahrhunderten aktiv sind? Beruhigt das oder stellt die digitale Disruption eine ganz neue Qualität der Herausforderung dar?
Antwort: Zunächst einmal ist es ein großer Vorteil, dass wir Unternehmen haben, die sich über Jahrzehnte und Jahrhunderte am Markt gehalten haben, als Hidden Champions oder Weltmarktführer präsent sind.
Diese Leistung ist beeindruckend. Das bedeutet jedoch nicht, dass man sich zurücklehnen und die Ruhe genießen kann. Man muss sich der globalisierten Welt und dem Wettbewerb stellen, der nicht mehr nur regional stattfindet, sondern global.
Unternehmen müssen wettbewerbsfähig bleiben. Es wird zum Beispiel möglich sein, sich mit einem Unternehmen aus China zu messen oder mit einem Mobiltelefonhersteller, der plötzlich Autos baut. Geschäftsmodelle ändern sich.
Ein gutes Beispiel ist Amazon, das als Online-Buchhändler gestartet ist, dann ein Marktplatz wurde und heute auch als Logistik-Anbieter agiert. Solche Unternehmen disruptieren ganze Branchen. Das ist schöpferische Zerstörung, wie man es vielleicht von Schumpeter kennt.
Das bietet riesige Chancen, aber man muss auch wachsam bleiben.
6. Digitalisierung und traditionelle Handwerksbetriebe
Frage: Werden auch traditionelle Handwerksbetriebe wie Bäckereien von der Digitalisierung betroffen? Wie sieht es mit der Zukunft solcher Unternehmen aus?
Antwort: Ja, die Digitalisierung betrifft sie absolut. Viele Inhaber steuern ihre Betriebe heute selbst mit Tablets oder Smartphones und managen ihr gesamtes Unternehmenskonglomerat damit.
Das ist einfach und erfordert lediglich das notwendige Wissen. In der Produktion setzen viele Unternehmen Roboter ein, um schwere körperliche Arbeit zu ersetzen, was die Arbeit erleichtert und gerechter gestaltet.
Anstelle von Entlassungen werden die durch Maschinen ersetzten Menschen oft an andere Arbeitsplätze versetzt. Digitalisierung spielt in Technik und Logistik eine unglaublich wichtige Rolle.
7. Die Notwendigkeit zur Neugestaltung von Geschäftsmodellen
Frage: Wie müssen Geschäftsmodelle neu überdacht werden, und welche Rolle spielen dabei Familienunternehmen?
Antwort: Oft müssen Geschäftsmodelle komplett neu überdacht werden. Viele große Familienunternehmen setzen externe Geschäftsführer ein, um zu wachsen. Dies bringt sowohl Chancen als auch Risiken mit sich.
Wichtig ist eine klare Ressourcenzuweisung, Aufgabenbeschreibung und Richtlinien für die Unternehmenskultur. Diese Aspekte sollten klar definiert und schriftlich festgehalten werden, um sicherzustellen, dass sie umgesetzt und kontrolliert werden.
8. Motivation und Begeisterung von Teams
Frage: Was sind bewährte Ansätze, um Teams und Führungskräfte dazu zu bewegen, Neues zu wagen?
Antwort: Es hört sich auf jeden Fall nach einem soliden Ansatz an. Kultur ist etwas, das man erleben und spüren kann. Wenn die Unternehmenskultur gelebt wird, ist das das beste Instrumentarium.
Dann nivelliert sich auch manchmal ein Stück weit das Controlling. Ich bin auch ein großer Freund der Evaluation, aber das gelebte Instrumentarium ist das allerwichtigste.
9. Veränderungen in der Teamführung und Mitarbeiterbegeisterung
Frage: Hat sich die Art und Weise geändert, wie man Teams begeistern kann? Gibt es neue Spielregeln im Vergleich zur hierarchischen Führung der Vergangenheit?
Antwort: Ja, die Digitalisierung bietet nicht nur neue Technologien, sondern auch ein neues Mindset. Früher war es erstrebenswert, ein Auto mit 18 Jahren zu besitzen.
Heute ist das Auto oder der Besitz eines Autos nicht mehr so bedeutend. Geld und Karriere sind nach wie vor wichtig, aber nur wenn sie Teil meiner Persönlichkeit und meines Lebenskonzepts sind und wenn sie mir ermöglichen, im Team gemeinsam Sinn zu stiften und Wertschöpfung zu generieren.
10. Arbeits- und Lebensauffassungen der jüngeren Generation
Frage: Gibt es eine andere Arbeits- und Lebensauffassung bei jüngeren Unternehmern im Vergleich zu älteren Generationen?
Antwort: Ja, es gibt unterschiedliche Lebenskonzepte, sowohl bei der jüngeren als auch bei der älteren Generation. Der Austausch zwischen Jung und Alt, zwischen innovativ und erfahren, ist besonders spannend und inspirierend.
Dominik Antunović